Obhutspflichten und hieraus resultierende Haftung der Werkstatt bei Schäden an Kundenfahrzeugen
Grundsatz
Grundsätzlich gehört es zu den vertraglichen Nebenpflichten der Werkstatt aus dem Reparaturvertrag, das zu reparierende Fahrzeug für die Dauer des Werkstattaufenthaltes in geeigneter Weise vor Diebstahl oder Beschädigung zu schützen.
Diebstahl
Ist das Fahrzeug auf einem umschlossenen Betriebsgelände abgestellt und werden die Zündschlüssel ordnungsgemäß getrennt aufbewahrt, kann der Werkstatt in der Regel kein Verschulden zur Last gelegt werden (BGH, NJW 1983, 20 sowie BGH, NJW-RR 1997, 342; vgl. auch AG Gummersbach, Urteil vom 21.11.2008, AZ: 11 C 340/08).
Schlüssel darf nicht im Zündschloss stecken!
Anders entscheiden die Gerichte, wenn das Fahrzeug beispielsweise mit innen steckendem Zündschlüssel in einer Betriebshalle oder auf dem Betriebsgelände steht (OLG Nürnberg, VersR 1979, 361; LG Hamburg NJW-RR 1992, 924). Auch Brandschutzerwägungen berechtigen die Werkstatt nicht, die Fahrzeuge mit Zündschlüssel in der Werkstatt stehen zu lassen.
Im Zweifel Diebstahlversicherung!
Wird das Fahrzeug außerhalb des umzäunten Betriebsgeländes abgestellt und ist dies dem Kunden bekannt (z.B. aufgrund der begrenzten räumlichen Möglichkeiten), haftet die Werkstatt nicht, wenn zugunsten des Kunden eine Diebstahlversicherung abgeschlossen war (vgl. OLG Hamm, Urteil v. 17.01.1996, AZ: 25 U 44/95).
Kein genereller Anspruch auf Abstellen in einer Halle!
Ein Kunde hat keinen generellen Anspruch auf das Abstellen seines Fahrzeugs in der Halle, wenn diese voll ist. Zu einer Pflichtverletzung kommt es lediglich dann, wenn das Fahrzeug nicht in der Halle abgestellt wurde, obwohl dort noch Platz war bzw. wenn die Halle aus Nachlässigkeit nicht ordnungsgemäß verschlossen wurde.
Handelt es sich um ein älteres, sehr seltenes Fahrzeug, das nicht gegen Diebstahl versichert ist und weder über eine Wegfahrsperre noch über eine Diebstahlsicherung verfügt, erhöht dies den Sorgfaltsmaßstab dergestalt, dass das Fahrzeug in einem geschlossenen Raum aufbewahrt werden muss. Das Abstellen des Fahrzeugs auf einem unbewachten, nicht gesicherten Parkplatz hinter der Werkstatt stellt hier eine haftungsbegründende Obhuts- und Sorgfaltspflichtverletzung dar.
Grundsätzlich keine Haftung für den Verlust von Wertsachen!
Für den Verlust von Wertsachen haftet die Werkstatt nur, wenn sie diese ausdrücklich in Verwahrung genommen hat oder dem Werkstattinhaber grobe Fahrlässigkeit zur Last gelegt werden kann. Wurde der Kunde nicht ausdrücklich auf die Geltung der Kfz-Reparaturbedingungen hingewiesen, haftet die Werkstatt für den Verlust von Wertsachen bereits bei einfacher Fahrlässigkeit.
Beginn/Ende und Umfang der jeweiligen Obhutspflicht
Nur eine Verletzung der Obhutspflicht führt zur Haftung. Die Obhutspflicht beginnt und endet in der Regel mit der Schlüsselübergabe. Entscheidend ist der sogenannte „wortlos vereinbarte Sicherheitsstandard“.
Achtung:
Im Fall eines infolge einer Obhutspflichtverletzung eingetretenen Diebstahlschadens, besteht ein Regressanspruch des (Teil-)Kaskoversicherers gegen den Werkstattinhaber.
Praxistipp – Checkliste
} Fahrzeug des Kunden muss abgeschlossen und die Zündschlüssel ordnungsgemäß getrennt aufbewahrt werden.
} Wenn eine Betriebshalle bzw. ein umzäuntes Betriebsgelände vorhanden ist, muss das Fahrzeug in der Halle oder auf dem Gelände abgestellt werden – sofern Platz vorhanden ist.
} Handelt es sich um seltene bzw. besonders wertvolle Fahrzeuge oder ist keine Wegfahrsperre vorhanden, erhöht sich der Sorgfaltsmaßstab des Werkstattinhabers. Das Fahrzeug muss dann in einem abgeschlossenen Raum aufbewahrt werden.
} Haftung für Wertsachen besteht nur, wenn diese ausdrücklich in Verwahrung genommen wurden.
} Der Kunde sollte auf die Kfz-Reparaturbedingungen hingewiesen werden, um die Haftung für den Verlust von Wertsachen bzw. im Fall von Teilediebstahl auf grobe Fahrlässigkeit zu beschränken.