61. Verkehrsgerichtstag in Goslar

Nachdem der 60. Verkehrsgerichtstag (VGT) coronabedingt im Sommer des letzten Jahres stattgefunden hat, war beim 61. VGT wieder alles wie gewohnt: Im verschneiten Goslar war es bitterkalt. Dafür ging es in dem einen oder anderen Arbeitskreis heiß her. Rund 1.600 Juristen, Politiker sowie Vertreter aus Verwaltung, Verbänden und der Versicherungswirtschaft diskutierten möglichen Handlungsbedarf in unterschiedlichsten verkehrsrechtlichen Bereichen.

Eröffnet wurde der Verkehrsgerichtstag am Nachmittag des 25. Januar 2023 mit der Mitgliederversammlung. Am nächsten Morgen begrüßten der Präsident des VGT, Prof. Dr. Ansgar Staudinger, und die Oberbürgermeisterin Goslars, Urte Schwerdtner, alle Teilnehmenden anlässlich der offiziellen Eröffnung in der Kaiserpfalz.
In seiner Eröffnungsrede ging Prof. Staudinger auf die aktuelle Rechtsprechung des BGH ein und setzt diese in einen europarechtlichen Kontext. Die deutsche Rechtsprechung sei, so Prof. Staudinger, zu starr und zu wenig dynamisch, wenn es beispielweise um die konkrete Bemessung von Schockschäden und Trauergeld gehen würde. Darüber hinaus stellte er fest, welchen hohen Anforderungen Anwältinnen und Anwälte heutzutage gerecht werden müssen, um ihre Mandanten kompetent zu beraten. Anderenfalls drohe die Haftung. Eine staatliche Haftung bei Fehlern von Gerichten hingegen gebe es nicht, dort hafte bisher niemand. Das müsse sich nach Meinung Prof. Staudingers ändern.

Den Plenarvortrag hielt die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller, zum Thema „Emissionsfrei, digital und sicher - Strategien für die Mobilität der Zukunft“. Sie zeigte in ihrem Vortrag die Hindernisse auf, welche in der „Verkehrswende“ auf Deutschland, die Industrie und den Mittelstand zukommen. Das bisherige Wirtschaftsmodell sei kein Wohlstandsgarant mehr. Um sich für die Zukunft aufzustellen, sieht die Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie mehrere Punkte als zentral an: Neben der Globalisierung seien dies E-Mobilität, sogenannte E-Fuels, Straßengüterverkehr und der CO2-Handel.

Über den Nachmittag bis in den frühen Abend wurde anschließend in den acht Arbeitskreisen zu unterschiedlichen verkehrsrechtlichen Themen referiert und diskutiert:

  • AK I Fahrzeugdaten - Datensammlung durch moderne Kraftfahrzeuge und ihre Verwendung
  • AK II Halterhaftung bei Verkehrsverstößen: Ein Beitrag der Verkehrssicherheit?
  • AK III KI-Haftung im Straßenverkehr / Haftung beim autonomen Fahren
  • AK IV Reparaturkostenersatz beim Haftpflichtschaden
  • AK V Auf der Suche nach geltenden und erforderlichen Grenzen für E-Scooter, Fahrräder & Co.
  • AK VI Meldepflicht für Ärztinnen und Ärzte von fahrungeeigneten Personen?
  • AK VII Fahrtenbuchauflage – Halterhaftung durch die Hintertür
  • AK VIII Der schmale Grat zwischen Fehler und Verstoß im Luftverkehr („Just Culture“)

Zum Abschluss des Verkehrsgerichtstags erarbeiteten alle Teilnehmenden ihre Empfehlung an Gesetzgebung und Rechtsprechung. Die Ergebnisse aller Arbeitskreise können Sie unter nachfolgendem Link einsehen:

Ergebnisse 61. VGT

Heiß umkämpft waren vor allem die Empfehlungen des AK IV zur 130 % Regelung und dem Werkstattrisiko. Es zeigte sich, dass einige Versicherer mit größeren Delegationen zum VGT angereist waren, wohl um die Rechtsprechung zur 130 %-Grenze und zum Werkstattrisiko zu kippen. Auf der anderen Seite haben viele ADAC-Vertragsanwälte und anwesende BVSK-Vertreter erfolgreich dagegengehalten.

Thomas Kümmerle
Recht & Interessenvertretung

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