Frühjahrssymposion der BVSK-Akademie am 21. März 2014 ermöglicht Blick in die Zukunft des Kfz-Sachverständigen

Das traditionelle Frühjahrssymposion des BVSK in der BVSK-Akademie AWG befasste sich nicht nur mit hochbrisanten Themen, sondern beleuchtete zugleich die Zukunft des Berufsstandes, der vor Herausforderungen steht, wie es sie vergleichbar in den letzten Jahrzehnten noch nie gegeben hat. Neue Regulierungskonzepte der Versicherer, veränderte Eigentumsstrukturen, hochkomplexe Fahrzeugtechnik, Elektronik sind nur einige Stichpunkte in der neuen Schadenwelt. Hinzu kommen sogenannte Telegutachtensysteme, neue Kommunikationswege und natürlich neue Herausforderungen an die Ausstattung der Büros und an die Ausbildung der Mitarbeiter.

All dies waren die Oberbegriffe des Frühjahrssymposions, zu dem sich nahezu 200 Sachverständige angemeldet hatten. BVSK-Präsident Brockmann konnte daher von einem Besucherrekord sprechen, der zum einen beweist, dass die Veranstaltung des Frühjahrssymposions zu einer festen Größe im Sachverständigenwesen geworden ist, aber zum anderen ein Beweis dafür ist, dass die freiberuflichen Kfz-Sachverständigen sehr wohl bereit sind, sich mit Zukunftsfragen zu befassen.

Der BVSK-Geschäftsführer Rechtsanwalt Elmar Fuchs führte in die schwierige Thematik ein und forderte in seinem Vortrag die Bereitschaft des freiberuflichen Sachverständigen ab, sich den Herausforderungen tatsächlich zu stellen.

Er wies auf die Notwendigkeit hin, in neue Techniken und in neue Kommunikationssysteme zu investieren und er machte schlussendlich deutlich, dass der Sachverständige dann eine Zukunft haben wird, wenn er die Zeichen der Zeit rechtzeitig erkennt.

Rechtsanwalt Nickel befasste sich mit den sogenannten Telegutachten. Sein Vortrag machte unmissverständlich klar, dass bereits der Begriff des Telegutachtens einen Widerspruch in sich darstellt. Das klassische Gutachten bedingt die höchstpersönliche Inaugenscheinnahme des Objektes. Wird diese Besichtigung ersetzt durch Videoaufnahmen oder durch die digitale Übertragung von Lichtbildern, handelt es sich schlichtweg nicht um ein Gutachten. Der Geschädigte verzichtet in diesen Fällen auf belastbare Beweismittel. Nickel macht aber auch deutlich, dass sich auch der Versicherer der Manipulation aussetzt, wenn er Systeme toleriert, die mit der klassischen Gutachtertätigkeit nichts zu tun haben.

Mit Spannung wurde der Vortrag von Control€xpert-Geschäftsführer Gerhard Witte erwartet, dem die Frage gestellt wurde, wo die Grenzen der elektronischen Überprüfung liegen. Gerhard Witte, der sicher auch gerade im Lager der freien Sachverständigen polarisiert, nutzte die Chance, das Unternehmen Control€xpert vorzustellen, das heute weit mehr ist als ein Unternehmen, das Kostenvoranschläge, Gutachten oder Rechnungen kürzt, sondern allen Teilnehmern des Kongresses wurde klar, dass sie es mit einem Unternehmen zu tun haben, dass zwischenzeitlich weltweit aufgestellt ist und vor allen Dingen EDV-Prozesse bei Automobilherstellern, Flotten, Leasinggesellschaften und Versicherungen begleitet.

Witte wiederholte erneut, nicht den Anspruch zu haben, dass sein Unternehmen eine Sachverständigenorganisation ist, er wies aber auch eindringlich darauf hin, dass seine Kunden erwarten, dass Prozesse schlanker werden und er machte gleichfalls deutlich, dass die elektronische Überprüfung unterschiedlicher Vorgänge in weiten Teilen kostengünstig möglich ist. Auch Witte verschließt jedoch nicht die Augen vor neuen Entwicklungen in der Fahrzeugtechnik, die im Wege einer rein elektronischen Überprüfung und eines Abgleiches von Daten derzeit nicht geprüft werden können. Genau für diesen Bereich benötigt der Auftraggeber, der heute alleine Control€xpert als Dienstleister nutzt, in Zukunft qualifizierten technischen Sachverstand. Genau dies setzt aber voraus, dass der Sachverständige in der Lage ist, seine Dienstleistung in die Prozesse dieser Auftraggeber einzusteuern. Auch in Kenntnis der Meinungsunterschiede zu vielen Fragestellungen machte Gerhard Witte deutlich, dass er sich auf den Dialog freut und auch bereit ist, aktiv daran mitzuwirken, dass auch freiberufliche Kfz-Sachverständige in diesem Prozess eingebunden sind.

Selten gelingt es einem Veranstalter, die Geschäftsführer der großen Kalkulationsdatenanbieter Audatex und DAT gemeinsam für ein Referat zu gewinnen. Das Frühjahrssymposion stellte insoweit eine Ausnahme dar, da die DAT-Geschäftsführer Jens Nietzschmann und Audatex-Geschäftsführer Ferdinand Moers Rede und Antwort gaben.

Ferdinand Moers wies auf die vernetzte Schadenwelt hin und machte deutlich, dass Audatex sich auf diese vernetzte Welt bereits frühzeitig eingestellt hat. Mit AudaMobile will man sowohl den Kfz-Sachverständigen wie auch der Werkstatt eine verbesserte Kommunikationsplattform zur Verfügung stellen. Audatex kann und will die Elektronikentwicklung aktiv gestalten, statt von neuen Entwicklungen überrascht zu werden. Die freiberuflichen Sachverständigen sind auch heute noch für Audatex eine außerordentlich wichtige Kundengruppe, so Ferdi Moers.

Es liegt also im Interesse von Audatex selbst, diese Kundengruppe auch in der Zukunft zu erhalten. Aus diesem Grunde investiert Audatex nicht nur in die klassischen Kalkulationsdaten, sondern auch in EDV-Entwicklungen, die die unterschiedlichen Schadenbeteiligten verbinden. AudaMobile soll hierzu ein weiterer wichtiger Schritt sein.

DAT-Geschäftsführer Jens Nietzschmann betrachtete die Sachverständigenwelt zuerst mit einem Rückblick auf Entwicklungen und auch Fehlentwicklungen im Lager der freiberuflichen Sachverständigen. Zu oft habe der Sachverständige zu zögerlich auf neue Entwicklungen reagiert und im Übrigen habe auch die DAT zu oft zu zurückhaltend reagiert, statt sich an die Spitze einer Entwicklung zu stellen. Nietzschmann betonte, aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben und er machte keinen Hehl daraus, dass für die DAT schon aus demselben Verständnis der DAT heraus die Sachverständigen außerordentlich wichtig sind. Über das Produkt MyDAT können Dienstleistungen der DAT kundenspezifisch genutzt werden. Zudem appellierte Nietzschmann an die anwesenden Kfz-Sachverständigen, sich auch neuen Dienstleistungen nicht zu verschließen, selbst wenn diese Dienstleistungen derzeit nicht den gleichen Ertrag erwirtschaften, wie das klassische Schadengutachten. Zum Abschluss seines Vortrages wies der DAT-Geschäftsführer auf eine Premiere hin. Die DAT bietet ab sofort ihren Kunden aus dem Sachverständigenbereich ein funktionales Büroverwaltungssystem an, das durch die AGS von Sachverständigen für Sachverständige entwickelt wurde. Damit will die DAT einerseits sicherstellen, dass die DAT-Nutzer in Zukunft eine Alternative zu anderen Büroverwaltungssystemanbietern haben, zum anderen ist dies auch ein Zeichen dafür, dass die DAT an den Markt der freien Sachverständigen auch in Zukunft glaubt.

Den Abschluss des Kongresstages bildeten zwei Vorträge aus dem Bereich der Versicherungswirtschaft. Schadenchef Detlev Ballas sowie der LVM-Beauftragte für das Schadenmanagement Michael Messmann erläuterten einen völlig neuen Ansatz eines aktiven Schadenmanagements eines großen Versicherers. Klar äußerten die Referenten Bedenken gegen die Strategie der HUK-COBURG, mit Werkstattbindungstarifen und einem Netzwerk preiswertester Reparaturbetriebe Marktvorteile durchzusetzen.

Die LVM-Versicherung setzt vielmehr auf ein partnerschaftliches Verhältnis zu qualifizierten Reparaturbetrieben unter Einbindung eigener wie auch externer Kfz-Sachverständiger. Der Kfz-Sachverständige und der Reparaturbetrieb befinden gemeinsam über den Instandsetzungsweg und der Sachverständige entscheidet, in welchen Fällen ein Schadengutachten erforderlich und in welchen Fällen eine Überprüfung der Rechnung oder eines Kostenvoranschlages ausreichend ist. Das System der LVM-Versicherung basiert sehr stark auf wechselseitigem Vertrauen und stellt zugleich einen völlig neuen Ansatz in der Schadensteuerung dar. Die starke Verankerung der Versicherung in der Region erleichtert offensichtlich die Umsetzung des Systems. Überdies macht der LVM deutlich, dass eben nicht unter allen Umständen der günstigste Preis entscheidend ist, sondern vielmehr die attraktivste Leistung. Gerade die Einbindung des Kfz-Sachverständigen insbesondere bei komplexeren Sachverhalten oder technischen Fragestellungen zeigt auch, dass aus Sicht eines großen Versicherers die Einbindung des Kfz-Sachverständigen gleichfalls unverzichtbar ist. Die Bedeutung wird in den nächsten Jahren vielmehr weiter steigen.

In seiner abschließenden Zusammenfassung wies der BVSK-Geschäftsführer darauf hin, dass sicherlich aus den Vorträgen des Symposions keine unmittelbaren Schlussfolgerungen für das derzeitige Tagesgeschäft gezogen werden können, das aber die Einblicke in das Regulierungsverhalten, in Technik und Elektronik Voraussetzung dafür sind, die unternehmerischen Entscheidungen zu treffen, um die Zukunft bestehen zu können.

Das Frühjahrssymposion 2014 war in diesem Sinne ein außergewöhnliches Ereignis und ein großer Erfolg, so BVSK-Präsident Harald Brockmann in seinem Schlusswort.

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